Nachhall
 

Spuren

Als der Spielfilm gedreht wurde gab es bei der Bahn noch den Beruf des Streckengehers. Bereits im Frühjahr 1989, als der Film in die deutschen Kinos kam, war der Beruf abgeschafft und durch automatisierte Schienen-Kontrollwagons ersetzt. Die Einsamkeit des Langstreckenläufers hatte damit ein Ende. Vergessen all die langen Gänge, der vertrackte Rhythmus über Schwellen, Makadam und Rost, all jene bitter kalten und flirrend heißen Tage auf dem Bahndamm. Ein ehemaliger Streckengeher der Staudenbahn gestand: "Geschenkt wird einem nichts, aber ich bin nach der Teil-Stilllegung immer noch weiter den überwachsenen Rest der Strecke abgegangen!" In jenen Jahren der ersten Aufführungen des Films wurde ein anderer Roman mit signifikantem Titel populär:
DIE ENTDECKUNG DER LANGSAMKEIT von Stan Nadolny

Die Zeitschrift NATUR widmete der Filmgeschichte um Waller eine große bebilderte Reportage. Als Christian Wagner deswegen mit dem Journalisten Jürgen Schreiber und dem Photographen Horst Munzig wieder einmal die Originalschauplätze der Bahnlinie aufsuchte, entdeckte er, dass die Nebenbahn gerade demontiert wurde. Innerhalb weniger Tage wurde in Zusammenarbeit mit Kameramann Thomas Mauch der Kurzfilm ZUG realisiert. Schon 1985 hatte Christian Wagner den Ist-Zustand der Strecke in 35 mm s/w-Film dokumentiert. Daraus wurde die poetische Langzeitdokumentation der Strecke Kempten-Isny.

Vom Verbleib der Strecke gibt es lediglich zu berichten, dass nach der endgültigen Demontage 1989 mittlerweile ein Radweg über den ehemaligen Bahndamm durch das Weitnauer-Tal führt.

Ein leerer Ort wäre die Welt ohne mich, doch weder stelle ich Weichen, noch lasse ich Schranken herunter oder gehöre gar zu denjenigen, welche die großen Züge lenken. Ich gehe lediglich meine Strecke ab. Donnerte ein Zug vorüber, so träte ich rechtzeitig in den Graben, und die Reisenden nähmen mich gar nicht wahr.
Verwoben in schweigende Selbstgespräche sehe ich mir unentwegt zu: von Schwelle zu Schwelle gehend, als wäre ich längst tot.
Ich gehe unaufhaltsam, und ich habe dabei eine Haltung, die ich immer einnehme, wenn der Rest der Welt mißbilligend hinter mir hersieht.
Mit dem langen Hammer das Gleis abklopfen. Schritt für Schritt. Von Schwelle zu Schwelle. Überall und unaufhaltsam Verkrautung.

Zitat aus: Gerhard Köpf, DIE STRECKE


 

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